Alfried Große: Herr Eismann, die deutsche Wirtschaft ist in den Würgegriff der Schwarzmalerei geraten. Wenn man sich umhört, erleben wir ein Ringen zwischen Optimisten und Pessimisten. Wobei die Pessimisten die Oberhand zu haben scheinen. Wozu gehören Sie?
Frank Eismann: Zu den Optimisten.
Alfried Große: Dann sehen Sie die Lage nicht so ernst wie viele andere. Wir reden ja hier von Inflation, Rezession, von Abwanderung von Unternehmen, alle jammern und klagen. Spüren Sie diese Stimmung, wenn Sie mit den Unternehmen sprechen?
Frank Eismann: Ich würde die Frage in zwei Teile aufteilen. Ich sehe schon, dass sich viele mittelständische Unternehmen anstecken lassen. Die Investitionsbereitschaft ist schon zurückgegangen. Wenn man es global betrachtet, ist das Vertrauen in die Politik immer ein Thema. Der Mittelstand, zumindest aus unserer Erfahrung, steht nicht hinter den derzeitigen Politikern. Aber grundsätzlich ist das aus meiner Sicht Jammern auf hohem Niveau.
Wenn man sich derzeit die allgemeine Situation in der IT-Branche anschaut, so ist mein persönlicher Eindruck, dass die Investitionsbereitschaft durchaus noch vorhanden ist. Das Thema Sicherheit ist ein ganz wichtiges Thema, das im Mittelstand auf der Agenda steht. Das Thema Workflow, also der gesamte Digitalisierungsprozess, ist auf der Agenda, weniger die Beschaffung von Hardware. Das ist nicht die erste Priorität, aber viele Mittelständler wollen verschiedene Cloud Services. Und das Thema Rechenzentrum ist immer ein Thema und der Bedarf nach einem qualifizierten Dienstleister.
Das klassische IT-Systemhaus mit drei bis fünf Mitarbeitern, das man im Mittelstandsumfeld kennt, das wird gerade abgelöst von hochqualifizierten IT-Systemhäusern, das merken wir schon.
Alfried Große: Es gibt eine Untersuchung des Kreditversicherers Allianz Trade, der davon ausgeht, dass in diesem Jahr 21 Prozent mehr Firmen Insolvenz anmelden werden als noch im Vorjahr. Wenn ich Sie richtig verstanden habe, sehen Sie Ihre Branche, also die IT-Branche und speziell den Fachhandel davon nicht betroffen? Oder fürchten Sie, dass es auch da den einen oder anderen Fachhändler treffen wird?
Frank Eismann: Mit solchen Zahlen muss man immer seriös umgehen. Eine Insolvenz kann ja nur eintreten, wenn eine Unterfinanzierung vorliegt. Der Mittelstand wird eigentlich von den Banken getragen. Es gibt kaum ein Unternehmen, das so viele Reserven hat, dass es ohne Bank auskommt. Was wir aber erleben, ist, dass ein mittelständisches Unternehmen aus dem IT-Bereich genug Power hat, um mit IT-Dienstleistungen oder bestimmten Produkten auch in der jetzigen Wirtschaftslage zu überleben.
Innerhalb der Bürokommunikation, wenn wir über die Kopierer- und Druckerbranche sprechen, stehen die Unternehmen vor der Herausforderung – und das diskutiere ich schon seit Jahren –, den Blickwinkel in Richtung Digitalisierung zu erweitern, zusätzliche Produkte und neue Geschäftsfelder zu entwickeln und sich nicht nur auf Kopierer zu versteifen und immer darauf zu warten, dass der Hersteller wieder etwas Neues herausbringt, was den Händler kurzfristig wieder nach vorne bringt. Bei den Kopierern stellen wir Folgendes fest: Wo früher fünf Geräte gebraucht wurden, brauchen die Kunden heute nur noch zwei. Das Volumen der produzierten Seiten ist zurückgegangen, das merken wir bundesweit. Und wenn man nur auf Kopierer gesetzt hat, dann ist das auf jeden Fall immer eine Herausforderung.

Alfried Große: Das deckt sich mit einer Untersuchung, die der Bitkom gemacht hat unter sechshundert Unternehmen, in der sie zu dem Ergebnis gekommen sind, dass seit einigen Jahren immer weniger gedruckt wird. Wenn ich das mal weiterdenke und die Digitalisierung im Hinterkopf habe, dann komme ich zu dem Schluss, dass irgendwann die Hardware überflüssig ist. Und wenn weniger gedruckt wird, hält ein Drucker ja auch länger. Was macht dann der klassische Handel, von dem Sie eben gesprochen haben, der nur auf Kopierer und Drucker setzt?
Frank Eismann: Er wird seinen Bestand verkaufen, wenn er klug ist. Manche sind schon in der Phase, dass sie aus Altersgründen einen Nachfolger suchen, aber keinen finden. Die sagen sich, ich lasse es einfach auslaufen, reduziere das Personal bis auf vielleicht ein, zwei Techniker, die noch die Fahne hochhalten. Wenn ein Händler heute nicht den Transformationsprozess eingeleitet hat, d.h. neue Geschäftsfelder entwickelt hat, was auch bedeutet zu investieren, dann wird er es schwer haben.
Alfried Große: Ist das dann Darwinismus in Reinkultur: Nur der Stärkere überlebt, der sich zur rechten Zeit richtig gut positioniert hat?
Frank Eismann: Die Hersteller selbst haben in den guten Zeiten Personal aufgebaut, bis der Arzt kam, viele Stellen sind doppelt besetzt aus den unterschiedlichsten Gründen. Wir wissen alle, dass der Grundtenor der Hersteller ist, erst einmal die Druckervermarktung zu bündeln, auch wenn man sich die Softwarevermarktung auf die Fahne geschrieben hat. Aber im Prinzip geht es um die Vermarktung von Kopierern und Druckern. Die Produktion macht die Vorgaben, weil die natürlich wollen, dass die Produktion weiterläuft und nach vorne getrieben wird – nur dass man nicht mehr so viele Geräte braucht. Und wenn man nicht mehr so viel Umsatz macht, dann muss man beim Personal den Rotstift ansetzen, das ist immer noch einer der größten Kostentreiber.
Alfried Große: Wenn man mit den Herstellern spricht, wissen die schon, wohin die Reise geht, und setzen zunehmend auch auf Software und Service.
Frank Eismann: Stellen wir uns doch einmal die Frage – bei allem Respekt und aller Hochachtung für jeden Hersteller – was ist von dem Versuch, IT-Systemhäuser zu übernehmen, übriggeblieben? Der normale Kopierer-Verkäufer, und damit meine ich sowohl Hersteller als auch Fachhändler, wird es immer schwer haben, eine hohe Beratungsqualität beim Kunden zu entwickeln, um Softwarelösungen oder Digitalisierungsprojekte voranzutreiben. Das ist kein theoretischer Ansatz, den man in einem Vortrag an die Wand wirft, sondern das ist eine Erkenntnis aus der Realität. Wenn Sie sich jetzt die Kopiergerätehersteller mit ihren Erfahrungen anschauen, und ich gehe jetzt mal in die Tiefe, dann haben die zunächst einmal nur Kopiergeräte verkauft, auch im Direktvertrieb. Da sind die Provisionen klar geregelt, das ist ein ganz anderer Verkaufsprozess. Auch die Hersteller befinden sich in einem Transformationsprozess, das bedeutet, dass das Vertriebspersonal heute nicht mehr das Vertriebspersonal der Vergangenheit ist.
Alfried Große: Aber die laufen dann doch Gefahr, dass die Systemhäuser und die VARs den klassischen Kopierer-Händler schlucken, weil sie das notwendige Know-how für die Beratung und Umsetzung von Digitalisierungs-Projekten haben. Die sind doch dann letztendlich die lachenden Dritten.
Frank Eismann: Letztlich ist es ein Wettlauf. Der einzige Vorteil für die Kopierer- und Druckerhersteller ist, dass sich auch die IT-Systemhäuser unterscheiden. Es gibt den IT-Techniker, der sich selbstständig gemacht hat, mit sechs Leuten, mal mehr, mal weniger, der sich ein bisschen um die Kunden kümmert und für den Security auch ein Thema ist. Und dann gibt es IT-Systemhäuser, größere Organisationseinheiten, die für sich längst erkannt haben, dass Kopierer und Drucker nur ein Zusatzgeschäft sind. Ich selbst bin immer noch sehr viel beim Kunden vor Ort. Und wenn wir als GFC-Gruppe zur Beratung beim Kunden sind, dann sind die Drucker und Kopierer immer das Letzte, worüber wir reden. Das ist quasi ein Abfallprodukt.
Wenn es um Kopierer geht, muss man viel Überzeugungsarbeit leisten, um den Kunden mitzunehmen. Wenn ich aber qualifiziertes Software-Know-how habe, weil das auch eine Kernkompetenz ist, kann ich dem Kunden ganz andere Möglichkeiten und eine qualifiziertere Beratung anbieten. Das ist dann der Unterschied. Ein ganz anderer Beratungsansatz.
Alfried Große: Wenn man die heutigen Digitalisierungsmöglichkeiten dem Digitalisierungsgrad in den Unternehmen gegenüberstellt, ist noch sehr viel Luft nach oben. Von der Beratungskompetenz einmal abgesehen. Liegt es nicht vielleicht auch daran, dass die Mitarbeiter in den Unternehmen mit der Digitalisierung vollkommen überfordert sind?
Frank Eismann: Das ist eine ganz wichtige Frage. Wir erleben diese Überforderung jeden Tag. Also wir sprechen mit dem Unternehmen über die Möglichkeiten der Digitalisierung, und da fängt vielleicht mein Ansatz an. Du kannst ein Unternehmen nur digitalisieren, wenn du die Prozesse des Unternehmens verstehst. Also im Prinzip musst du schon in der Beratungsstruktur mit dem Unternehmen zusammen ein Konzept entwickeln. Es geht nicht darum, die einfachste Übung, den Posteingang und die Postverteilung zu digitalisieren. Es geht darum, die unterschiedlichsten Prozesse im Unternehmen zu verstehen. Und da sind wir wieder bei dem normalen Kopierer-Verkäufer. Der verkauft seit 10 Jahren Kopierer. Der weiß gar nicht, wie das Geschäft funktioniert. Wenn es um Digitalisierung geht, reden wir immer mit der obersten Management-Ebene, maximal, und mit der mittleren Management-Ebene, nicht mit dem Einkäufer, auch nicht mit dem IT-Leiter.

Alfried Große: Wenn auf Management-Ebene auch die Einsicht vorhanden ist, dass Digitalisierung wichtig ist. Aber was geschieht, wenn Sie ein Konzept vorstellen und einführen, auf der Mitarbeiter-Ebene? Ich kann mich erinnern, als die ersten Rechnungen als PDF per Mail verschickt wurden, wurden sie ausgedruckt, kopiert und dann in die entsprechenden Abteilungen verteilt, anstatt sie per Mail weiterzuleiten. Die Mitarbeiter waren damit einfach überfordert.
Frank Eismann: Wenn man die Tür zum Management geöffnet hat, fängt die Arbeit erst an. Das heißt, man muss jede Abteilung mitnehmen. Sie müssen das Projekt mit allen Abteilungen konzeptionell besprechen, und zwar von Anfang bis Ende. Wenn Sie nicht alle Abteilungen mitnehmen, wird die Digitalisierung nicht gelingen. Was Sie angesprochen haben, ist der Klassiker, den wir auch so erleben. Es wird etwas digitalisiert und der Mitarbeiter geht hin und sagt, ich mache das so wie immer. Das ist aber nicht nur eine Herausforderung für den Fachhandel, sondern auch für die Hersteller und das geben Sie ja auch hinter vorgehaltener Hand zu.
Alfried Große: Wenn man sich überlegt, Digitalisierung ist ja schon ein sehr komplexes Thema. Workflows zu automatisieren ist das eine. Da muss man die ganzen Prozesse aufnehmen und durchdringen. Aber es ist noch etwas ganz anderes, wenn wir von künstlicher Intelligenz reden. Da reden wir nicht von einer einfachen Prozessautomatisierung, sondern von großen Sprachmodellen, die in der Lage sind, Dinge zu analysieren, Entscheidungsvorlagen zu erstellen und sogar selbstständig Entscheidungen zu treffen. Wenn die Digitalisierung schon ein Problem darstellt, dann kann ich das Thema künstliche Intelligenz in Deutschland doch erst einmal auf Eis legen.
Frank Eismann: Für mich ist das eine Sache, weil wir sehr tief in der Materie stecken und sehr weitsichtig sind. Digitalisierung ist für mich, KI als Lösung einzusetzen. Das heißt, da ist ein Entwicklungsprozess im Gange, der ein enormes Tempo hat. Wenn man heute befürchtet, Hautkrebs zu haben, geht man zum Facharzt und die eingesetzte KI sagt dem Arzt dann, ob die Befürchtung zutrifft, und zwar viel präziser als jeder Arzt. Den schriftlichen Befund liefert die KI in kürzester Zeit, während der Arzt früher Stunden dafür aufwenden musste. KI ist aber auch nur eine Software, die man entwickeln muss, die gibt es nicht von der Stange.
Alfried Große: Aber das bedeutet, dass Sie intern die Kapazitäten und die Ressourcen haben müssen, solche Lösungen wirklich zu entwickeln.
Frank Eismann: Zunächst einmal wissen Sie sicherlich, dass wir eine strategische Partnerschaft mit Evy Solutions haben. Evy ist eine exklusive KI-Softwarelösung, die im Prinzip bereits fünfundvierzig Prozent des Dokumentenworkflows in einem Unternehmen automatisiert. Evy selbst hat über zwanzig Programmierer, die also auf Basis der Kundenanforderungen entwickeln. Wir sind immer daran interessiert, KI-Softwarelösungen zu identifizieren, die wir in Arbeitsprozesse integrieren können. Viele verwechseln Digitalisierung mit DMS. Aber ich kann heute innerhalb einer SharePoint-Lösung die gesamte Archivierung aller Dokumente automatisieren. Ich muss keine Alfried-Große-DMS-Lösung beim Kunden implementieren. Und vor allem keine Vorlaufzeit von teilweise einem Jahr. Wir reden über den Mittelstand und der braucht das teilweise innerhalb von drei Monaten. Aber dann ist alles voll automatisiert in einer Bibliothek, die jeder DMS-Lösung ebenbürtig ist.
Alfried Große: Treiben Sie mit Ihrer Lösung dann die großen Hersteller vor sich her?
Frank Eismann: Nein. Was ist eigentlich die durchschnittliche Unternehmensgröße der Fachhändler, die sie als Kunden haben? Das sind maximal siebzig Mitarbeiter. Dieses Unternehmen hat in der Regel eine Handvoll Führungskräfte und die müssen dann im Prinzip mit dem Händler zusammen das DMS-Projekt aufsetzen. Da müssen Unterlagen zusammengestellt werden, da müssen die verschiedensten Vorlagen gesichtet werden, also ein Projekt aufgesetzt werden. Das kostet eine gewisse Investition. Bei unserer Lösung mit unserer Beteiligung der Nexcom GmbH sind am Anfang keine relevanten Investitionen notwendig. Wir nennen unsere Lösung Share AI. Denn jeder hat eine Vollversion von Microsoft 365 und kann damit SharePoint nutzen. Das Einzige ist, SharePoint weiterzuentwickeln. Aber dafür haben wir eine eigene Firma, die individuell eine Bibliothek programmiert, und schon haben die Unternehmen eine automatisierte DMS-Lösung. Wie Sie sehen, gibt es für jede DMS-Lösung für mittelständische Unternehmen kostengünstige Alternativen.
Alfried Große: Wir hatten ja vorhin unter anderem auch darüber gesprochen, dass immer weniger Hardware verkauft wird, nicht zuletzt, weil immer mehr Cloudlösungen nachgefragt werden. Utax hat für seine Fachhändler eigens ein Programm aufgelegt, um ihnen zu helfen, Cloudlösungen zu vermarkten. Was machen Sie für Ihre Mitglieder?
Frank Eismann: Für Winwin bzw. die Technikgruppe Deutschland kann ich sagen, dass wir eine eigene Schulungsakademie haben. Für die Fachhändler oder die Mitglieder unserer Kooperationen ist das Thema Digitalisierung schon seit 13 Jahren in den unterschiedlichsten Facetten präsent, übrigens auch die Softwarelösung KI. Insofern sind wir schon sehr nah am Thema. Natürlich haben wir auch Mitgliedsunternehmen, die nicht auf das Pferd Digitalisierung gesetzt haben, sondern auf Büromöbel, oder andere Geschäftsfelder. Wichtig ist doch nur für jeden Fachhändler, eine fortwährende Weiterentwicklung seines Unternehmens voranzutreiben. Wir profitieren als winwin sehr stark von den innovativen Lösungen von UTAX.

Alfried Große: Das bedeutet, dass eine Vielzahl Ihrer Mitglieder schon fit in Sachen Digitalisierung ist?
Frank Eismann: Ja, vielleicht nicht bis ins letzte Detail, aber eine Cloud-Lösung wird letztendlich etwas sein, das für die Mitglieder kein Problem darstellt. Seien wir ehrlich, für die Hersteller ist die Cloud-Lösung nur ein Mittel, um Geräte zu verkaufen. Und da habe ich eben davon gesprochen, dass sich ein Fachhändler komplett umstellen muss. Es gibt ein Geschäftsfeld Kopierer und Drucker, meinetwegen mit Scanlösung, mit Cloudlösung, mit was auch immer. Und dann gibt es ein Geschäftsfeld IT-Systemhauslösung. Da wird auf der Alfried-Großen-Klaviatur gespielt, mit eigener Servicetechnik, vielleicht sogar mit angeschlossenem Rechenzentrum und Schulungskonzepten, die bis zu zweihundertfünfzigtausend Euro pro Jahr für die Weiterbildung der IT-Techniker erfordern.
Alfried Große: Und da wollen Sie auch mit Ihren Mitgliedern hin, zumindest mit denen, die digitalisierungsaffin sind? Die Frage ist nur, wie wollen Sie das anstellen?
Frank Eismann: Ich sage jetzt nicht, dass alle mitziehen. Es gibt Mitglieder, die sagen, ich habe vielleicht noch fünf oder zehn Jahre, da lohnt sich der ganze Aufwand nicht. Aber 80 Prozent machen mit. Aber 20 Prozent dagegen konzentrieren sich statt auf IT oder Digitalisierung auf zusätzliche Geschäftsfelder.
Alfried Große:Aber das bedeutet für Sie dann vielleicht auch Mitgliederschwund.
Frank Eismann: Nein, im Moment können wir nur von wachsender Mitgliederzahl sprechen. Und diese 20 Prozent machen trotz allem ein gutes Geschäft, grundsätzlich haben wir innerhalb der winwin nur beste Mitgliedsunternehmen.
Alfried Große: Auch Ihre Kooperationen haben wie alle Unternehmen mit Inflation und Rezession zu kämpfen. Wie bekommen Sie denn da noch profitables Wachstum hin?
Frank Eismann: Mit den Herstellerpartnerschaften und unserer strategischen vertrauensvollen Partnerschaft mit UTAX haben wir Verabredungen und entwickeln für die angeschlossenen Mitgliedsunternehmen Mehrwertprogramme und dann gibt es auch noch die winwin Finance und die GS Direkt GmbH, so dass wir sagen können, dass wir die nächsten Jahre profitabel darstellen können.
Alfried Große: Wo sehen Sie für den Handel, aber auch für winwin die Herausforderungen der nächsten Monate?
Frank Eismann: Sensibilisierung für die Beobachtung des Marktes, da seit Jahren über den Rückgang der Verkaufszahlen von Druckern und Kopierern gesprochen wird. Deshalb ist es jetzt sehr aktuell, eine Bestandsaufnahme für das eigene Unternehmen zu machen. Jeder wird sich mit diesem Thema auseinandersetzen müssen, weil die Stückzahlen, also die Geräte, die an die Kunden abgegeben werden, zurückgehen und auch das Druckvolumen. Das heißt, der Umsatz geht in andere Bereiche oder fällt ganz weg, und darauf muss sich jeder einstellen. Mein Rat ist sowieso grundsätzlich, wer jetzt als Mittelständler noch denkt, er kommt allein klar, der sollte sich einer guten Mittelstandsorganisation anschließen, weil das allein schon aus betriebswirtschaftlicher Sicht einen Mehrwert bringt.
Alfried Große: Gut, das führt uns jetzt direkt zum Thema Büroring.
Kevin Damnig: Welche Situation fanden Sie zu Beginn Ihrer Tätigkeit als Vorstandsvorsitzender des Bürorings vor?
Frank Eismann: Ich bin nun seit zirka 9 Monaten als Vorstandsvorsitzender des neuen Bürorings tätig. Sehr schnell konnte ich feststellen, dass es mehr Optimierungs-Bedarf gibt, als nur das Thema Vertrieb und Marketing anzugehen. Man könnte den Büroring als eine alte, in die Jahre gekommene Organisation mit Tradition beschreiben. Es wurde in den vergangenen Jahren versäumt – und hier spreche ich mindestens von den letzten 6 Jahren – das Unternehmen an die jeweilige Markt-Situation anzupassen. Nach den ersten 6 Monaten hatte ich die Themen immer klarer vor Augen und sah nur eine Möglichkeit: den kompletten Umbau des Bürorings zum neuen Büroring. Das gilt sowohl für die Organisation und Infrastruktur als auch im Hinblick auf die komplette Digitalisierung.
Der Augenblick zum Umbau könnte aber nicht besser sein. Denn im gesamten Marktumfeld, so auch im Bereich Drucker und Kopierer, findet ein Umbruch statt. Die vorhandenen Produkte können nur zu einem gewissen Rohertrag und Umsatz vermarktet werden. Das betrifft den neuen Büroring und ähnliche Organisationen, die Industrie und auch die stationären Mitglieder/Händler. Alle sind mit dieser Markt-Situation konfrontiert. So passt der Umbau zum neuen Büroring komplett ins Bild und hilft dabei, sich dieser Situation anzupassen. Natürlich wäre es schöner gewesen, wenn hier schon vor 6 Jahren vorgearbeitet worden wäre.

Kevin Damnig: Was sind die Herausforderungen beim Umbau zum neuen Büroring?
Frank Eismann: Dadurch, dass Jahre versäumt wurden, muss natürlich die gesamte Organisation in Augenschein genommen werden. Hier gilt es mit Blick auf das aktuelle und künftige Markt-Geschehen, jede Abteilung gesondert zu betrachten und neu auszurichten. Gleichzeitig müssen mit der Erfahrung im Bereich Digitalisierung die Organisation und der gesamte Workflow der Neuausrichtung angeglichen werden. Dafür wurden überfällige vorhandene GmbHs aufgelöst und in die Organisation integriert.
Nur eine effiziente und wirtschaftlich flache Struktur bringt dem neuen Büroring sowie den angeschlossenen Mitgliedern zukünftige Mehrwerte. Ein hochmotiviertes Team ist vorhanden, aber selbstverständlich braucht es auch zusätzliche Fachleute zur Unterstützung in allen Abteilungen, zum Beispiel im Einkauf, um die besten Ergebnisse in Zusammenarbeit mit der Industrie zu erzielen.
Kevin Damnig: Welche Fortschritte konnten Sie seit Jahresbeginn 2024 bei der Entwicklung des neuen Bürorings erzielen?
Frank Eismann: Wir liegen bei der Modernisierung veralteter Strukturen und der Analyse zur Digitalisierungs-Umstellung in unserem Zeitplan. Zudem konnten wir mit Ulrich Paulus einen absolut erfahrenen und anerkannten Einkaufs-Manager gewinnen und werden im Januar 2025 obendrein einen zusätzlichen ‚Vorstand Einkauf‘ präsentieren. Wir erschließen als neuer Büroring neue Geschäftsfelder und Kooperationen. Es finden Sortiments-Bereinigungen statt und es werden neue, zeitgemäße Sortimente aufgenommen.
Darüber hinaus leben wir Transparenz mit allen Mitgliedern und führten das neue Format ‚Strategietagung‘ bereits einmal durch, bei dem alle teilnehmenden Mitglieder über die jeweiligen Maßnahmen allumfassend informiert wurden. Für 2025 sind unabhängig von der Generalversammlung zwei zusätzliche Strategietagungen geplant. Es gibt ein Kosteneffizienz-Programm, mit dem wir schon signifikante Ergebnisse erzielten. Alle Maßnahmen sind mit Umsetzungs-Zeiträumen von 3 bis 6 Monaten beschrieben. Wir liegen gut in der Zeit und haben die Modernisierung des neuen Bürorings zum Wohle der angeschlossenen Mitglieder stets im Blick.
Kevin Damnig: Welche Maßnahmen haben Sie bereits getroffen, um der „kritischen Liquiditäts- und Ertrags-Entwicklung“ beim Büroring entgegenzusteuern?
Frank Eismann: Um die Finanzstruktur für die Zukunft aufzustellen, entschloss sich der Aufsichtsrat des Bürorings dazu, die Logistik- und Verwaltungs-Immobilie in der Siemensstraße in Haan an einen Londoner Investor zu veräußern. Das Gebäude war Eigentum des Bürorings und wurde für eine siebenstellige Summe verkauft. Wir vertreten die Ansicht, dass Steine kein Geschäft machen und auch nicht bei der Liquidität helfen. Das ist ein vollkommener Irrglaube. Durch den Verkauf der Immobilie konnten wir unsere Finanzstruktur stabilisieren. Der Büroring verfügt nunmehr über eine Eigenkapitalquote von über 70 Prozent. Wer kann das schon von sich behaupten. So sind wir für die Aufgaben, die vor uns liegen, wirtschaftlich gut ausgestattet.
Kevin Damnig: Welche Mehrwerte versprechen Sie sich von der geplanten Umwandlung der Büroring eG in eine Aktien-Gesellschaft?
Frank Eismann: Wir sehen signifikante Gründe für die Umwandlung in eine AG. Als winwin haben wir damals nicht ohne Grund den Weg zur AG gesucht. Alle wichtigen Themen rund um die Mitglieder-Beteiligung bleiben gleich. Aber eine AG kann auf jeweilige Geschäfts-Vorkommnisse schneller reagieren und noch individuellere Mehrwert-Programme für jedes einzelne Mitglied bieten. Außerdem lässt sich die Unternehmens-Finanzierung dadurch attraktiver gestalten.
Bei unserer Strategietagung nahmen wir nur positives Feedback von den Mitgliedern zur Umwandlung wahr. Wir haben ein digitales Forum eingerichtet, um allen Mitgliedern gerecht zu werden und alle Fragen zu beantworten. Auch hier gibt es einen Prozess. Nur wenn die Mitglieder zustimmen, wird die Umwandlung weiterverfolgt. Nichts ist in Stein gemeißelt. Wir passen uns der jeweiligen Situation an.
Kevin Damnig: Inwieweit knüpfen Sie Ihr eigenes Engagement beim Büroring an die Rückendeckung der Mitarbeiter und Mitglieder in Ihrer Organisation?
Frank Eismann: Das ist leicht zu beantworten. Wie schon dargestellt, war es nicht meine Berufung, den kompletten Umbau zum neuen Büroring voranzutreiben, sondern ausschließlich als Sprecher für die Bereiche Vertrieb und Marketing zu agieren. Ich habe diese zusätzliche Aufgabe aber angenommen. Für mich ist es Grundvoraussetzung, die volle Unterstützung durch die Mitarbeiter, den Aufsichtsrat und erst recht durch die Mitglieder zu erhalten. Ansonsten könnte und würde ich diese Aufgabe nicht durchführen, erst recht vor dem Hintergrund meiner mannigfaltigen zusätzlichen unternehmerischen Tätigkeiten. Hierzu braucht es Wertschätzung und Vertrauen. Beides spüre ich zurzeit.
Kevin Damnig: Inwieweit sehen Sie es als problematisch an, wenn eine einzelne Marketing-Gruppe wie derzeit die ‚Office Star‘ im Aufsichtsrat des Bürorings eine Mehrheit hat? Mit drei Mitgliedern im Aufsichtsrat ist die ‚Office Star‘ im Verhältnis zu ihrer doch geringen Zahl an Händlern in diesem Gremium überrepräsentiert.
Frank Eismann: Ich kann nur aus meiner Perspektive antworten. Die Aufsichtsräte arbeiten verantwortungsvoll mit bestem Wissen und Gewissen und sind sehr stark im Umbauprozess eingebunden. Alles läuft höchst professionell ab.

Kevin Damnig: Was entgegnen Sie Skeptikern, die sagen, dass die meisten starken IT-/Technik-Händler den Büroring bereits verlassen haben, und die es anzweifeln, dass die winwin die vielen kleinen Büroring-Händler, die bislang nur wenig oder noch nie etwas mit Technik zu tun hatten, in der IT nachhaltig weiterentwickeln kann?
Frank Eismann: Wir leben die Kooperation zwischen dem Büroring und der winwin-Gruppe äußerst erfolgreich. Übrigens gehört die LKS-Gruppe auch dazu. Im Zukunfts-Projekt ‚Technikgruppe Deutschland‘ werden – federführend durch die winwin – über 80 Mitglieds-Unternehmen in einer sogenannten Doppel-Mitgliedschaft gebündelt. Uns erreichen täglich neue Anfragen von IT-Händlern zur Aufnahme in dieses Konzept oder in die Organisationen.
Kevin Damnig: Können Sie uns einen Überblick über die aktuelle Mitglieder-Entwicklung beim Büroring geben (Stand Oktober 2024)? Wie viele neue Mitglieder traten dem Büroring bislang in diesem Jahr bei und wie viele werden den Büroring zum Jahresende verlassen?
Frank Eismann: Wir erleben im neuen Büroring eine erfolgreiche Aufnahme neuer Mitglieder. In 2024 traten schon rund 40 Unternehmen unserer Organisation bei. Wir wissen auch, welche Unternehmen/Mitglieder im nächsten Jahr dazustoßen werden. Gleichzeitig nehmen bereits gekündigte Mitglieder ihre Kündigung aufgrund der vorangetriebenen Maßnahmen erfreulicherweise zurück. Alles in allem herrscht also eine Aufbruchsstimmung.
Kevin Damnig: Was sagen Sie zu Stimmen aus dem Markt, die behaupten, dass der Büroring „mehr auf Masse anstatt auf Klasse“ in der Gesamtstruktur seiner Mitglieder setzt?
Frank Eismann: In der heutigen Zeit werden Achtsamkeit, der Umgang miteinander und viele weitere Themen großgeschrieben. Daher sollte man mit derartigen Aussagen vorsichtig umgehen oder besser noch, sich generell überlegen, ob man solche Aussagen überhaupt tätigen sollte. Ich komme aus einer Welt, in der ich jeden Tag mit Menschen und Organisationen unterschiedlichster Art zu tun habe. Ich gehe immer mit großem Respekt jeder Organisation oder den handelnden Menschen entgegen. Für mich sind solche Aussagen grundsätzlich diskriminierend gegenüber allen Mittelstands-Unternehmen, ob groß oder klein. Und ich kann nur sagen: Wer solche Aussagen tätigt, der disqualifiziert sich selber und gehört sicherlich nicht zu den Menschen, die im Marktumfeld etwas bewegen.
Kevin Damnig: Welche Zielsetzungen wollen Sie mit dem Büroring im Jahr 2025 erreichen?
Frank Eismann: Im nächsten Jahr wollen wir über den Erfolg innerhalb des Umbaus zum neuen Büroring an gleicher Stelle berichten. Der Markt im Umfeld des Bürorings braucht Organisationen zur Vertretung des Mittelstands. Da sitzen alle Organisationen im selben Boot.

Alfried Große: Zum Schluss noch eine ganz andere Frage. Sie haben in Ihrem Berufsleben schon so viele Firmen gegründet, aufgebaut und geleitet. Was ist Ihr Erfolgsrezept? Was macht Frank Eismann aus?
Frank Eismann: Ich muss dazu Folgendes sagen, damit man die Antwort nachher versteht. Ich hatte das Glück, nicht auf Rosen gebettet zu sein. Das heißt, ich bin nicht in einem normalen Umfeld aufgewachsen. Ich habe gemerkt, dass ich immer doppelt so viel machen musste wie andere. Deshalb habe ich eine gewisse Dynamik entwickelt, was meine Leistung und meinen persönlichen Anspruch betrifft, Dinge voranzutreiben. Das hat dann im Laufe meines Berufslebens einen sehr sportlichen Charakter angenommen. Und was mir auch immer sehr wichtig war, was auch manchmal zu unangenehmen Situationen geführt hat, ist, dass ich von mir absolute Authentizität erwarte, egal was dabei herauskommt. Ich sage immer, was ich meine. Im Leben voranzukommen ist ein schwieriger Weg, aber für mich persönlich der wichtigste. Das spüren auch meine Gesprächspartner und das ist vielleicht auch einer der Punkte, warum ein Verkaufsgespräch dann erfolgreich verläuft.
Alfried Große: Was fasziniert Sie an Arbeit?
Frank Eismann: Ich muss ein Beispiel nennen. Unser Sohn hat schon immer gerne Menschen gerettet. Er hat schon ehrenamtlich beim DRK gearbeitet, als First Responder, als Rettungssanitäter, hat schon als kleiner Junge bei der DLRG den Rettungsschwimmer gemacht. Nach dem Abitur wollte er nicht Arzt werden, sondern Notfallsanitäter, weil er Menschen direkt helfen will. In diesem Beruf kann man nur arbeiten, wenn man mit ganzem Herzen dabei ist. Deshalb kann man es auch nicht als Arbeit bezeichnen. Man wird mit so vielen Dingen und Erlebnissen konfrontiert, die über das Normale hinausgehen, dass es eher eine Berufung ist. Und wenn man mich jetzt fragt, was mich an der Arbeit fasziniert, dann antworte ich, dass es für mich eine Berufung ist. Ich habe das, was ich tue, nie als Arbeit definiert.
Zu Beginn meiner Karriere war ich viel unterwegs, sechs Tage die Woche, hatte ein Unternehmen mit 100 Mitarbeitern und 120 Millionen Euro Umsatz. Ich war kaum zu Hause. Das macht man nur, wenn man positiv verrückt ist oder daran glaubt. Ich bin alles andere als ein Workaholic.
Alfried Große: Könnten Sie sich denn vorstellen, ohne Arbeit zu leben?
Frank Eismann: Ja, natürlich. Ich würde mir eine andere Berufung suchen, beispielsweise mit meiner Erfahrung im sozialen Umfeld helfen.
Alfried Große: Gibt es eine Maxime, nach der Sie leben?
Frank Eismann: Ja, wer mich einmal verrät, der ist für mich gestorben.
Alfried Große: Vielen Dank Herr Frank Eismann für das interessante und offene Gespräch.