Whistleblowing

Kein grundsätzlicher Kündigungsgrund

Ausgabe-Nr.: 2/
2024

Wenn Beschäftigte eine Strafanzeige wegen Unregelmäßigkeiten im Betrieb ihres Arbeitgebers stellen, dann ist dies für sich genommen kein Anlass zur Kündigung. Zu diesem Schluss gelangte jüngst das Landesarbeitsgericht (LAG) Mecklenburg-Vorpommern.

„Die Arbeitnehmerin war als zweite Vorsitzende bei einem Verein tätig. Dabei hatte sie im Papierkorb des Mail-Postfachs 700 Bestellungen des ersten Vorsitzenden gefunden, die sie dem Vereinszweck nicht zuordnen konnte. Daraufhin erstattete die zweite Vorsitzende Strafanzeige bei der Staatsanwaltschaft.

Als Reaktion darauf kündigte der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis sowohl ordentlich als auch außerordentlich. Außerdem stellte der Verein einen Auflösungs-Antrag und bot eine Abfindung an. Die Arbeitnehmerin wehrte sich gegen die Kündigungen vor Gericht und erhob Klage“, erläutert Volker Görzel, Fachanwalt für Arbeitsrecht in Köln und Leiter des Fachausschusses ‚Betriebsverfassungsrecht und Mitbestimmung‘ beim VDAA Verband deutscher Arbeitsrechtsanwälte e. V. in Stuttgart, einen Whistleblowing-Fall aus dem letzten Jahr.

Er nimmt damit Bezug auf ein Urteil des Landesarbeitsgerichts Mecklenburg-Vorpommern vom 15. August 2023. Dieses entschied, dass eine Strafanzeige bei der Staatsanwaltschaft grundsätzlich keine Pflichtverletzung und damit auch keinen Kündigungsgrund darstellt, wenn der Arbeitgeber sich strafbar gemacht hat. Dabei stellte das Gericht ein paar Grundsätze auf. So darf die Strafanzeige keine unverhältnismäßige Reaktion des Arbeitnehmers sein. Ferner sollte das strafbare Verhalten entweder dem Vorgesetzten oder der zuständigen internen Stelle gemeldet werden. Diese Voraussetzung gilt allerdings dann nicht, wenn der Arbeitgeber selbst die Straftaten begangen hat. Eine Pflicht zur innerbetrieblichen Klärung trifft den Arbeitnehmer nicht, wenn keine Abhilfe zu erwarten ist. Sind diese Voraussetzungen erfüllt, so ist die Kündigung unwirksam.

Das Gericht erkannte, dass hier alle der dargelegten Voraussetzungen vorlagen. So musste die Arbeitnehmerin gerade deshalb keine interne Klärung bemühen, weil der Vorsitzende sich hier unter Umständen selbst strafbar gemacht hat. Aufgrund des Verhältnisses der Klägerin und der Beklagten, das durch persönliche Feindschaft und Machtkampf geprägt war, löste das Gericht das Arbeitsverhältnis gegen Abfindung auf.

„Durch das neue Hinweisgeber-Schutzgesetz (-> INFO-MARKT Nr. 7/2023) wäre es in diesem Falle wahrscheinlich nicht zur Kündigung gekommen, denn dieses Gesetz ist genau auf solche Konstellationen zugeschnitten. Aber auch ohne dieses Gesetz galt, dass Arbeitnehmer keine Pflichtverletzung begehen, wenn sie bei ausreichender Tatsachengrundlage eine Anzeige gegen den Arbeitgeber erstatten, wenn dies eine angemessene Reaktion darstellt“, resümiert Görzel.

Volker Görzel, Fachanwalt für Arbeitsrecht

Volker Görzel, Fachanwalt für Arbeitsrecht: „Durch das neue Hinweisgeber-Schutzgesetz wäre es in diesem Falle wahrscheinlich nicht zur Kündigung gekommen, denn dieses Gesetz ist genau auf solche Konstellationen zugeschnitten.“ (Foto: HMS.Barthelmeß Görzel Rechtsanwälte)

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