Mitarbeiter-Integration/Recruiting

Verstärkte Fluktuation

Ausgabe-Nr.: 10/
2023

Der Anteil derjenigen Arbeitnehmer, die innerhalb der ersten 100 Tage wieder kündigen, liegt mittlerweile bei über 20 Prozent. Dieser Wert hat sich in den letzten fünf Jahren nahezu verdoppelt. Zu diesem Ergebnis gelangt die Studie ‚Candidate Experience 2023‘ des HR-Tech-Unternehmens ‚softgarden‘. Darüber hinaus stellt die Unternehmens-Beratung ‚Mercer‘ fest, dass Beschäftigte tendenziell eine immer größere Wechselbereitschaft zeigen. Eine Analyse des europäischen HR-Dienstleisters ‚SD Worx‘ bescheinigt zudem, dass 50 Prozent der Unternehmen in Europa personell unterbesetzt sind.

„Arbeitgeber sollten Onboarding als unverzichtbaren Teil des Recruitings begreifen und gezielt verbessern. Sie müssen Standards, Rollen und Maßnahmen definieren und in der gesamten Integrations-Phase für Informationen und Unterstützungs-Angebote sorgen, die sich an die neuen Kollegen richten“, sagt Kirill Mankovski, Geschäftsführer der softgarden e-recruiting GmbH in Berlin, im Hinblick auf die zweiteilige Studie ‚Candidate Experience 2023‘.

Der Software-Anbieter befragte hierfür 3.811 Bewerber. Der 1. Teil erschien im Juni 2023 und thematisierte die Jobsuche, die Eigenmedien der Arbeitgeber und den Bewerbungs-Prozess. Im 2. Teil stehen nun die Onboarding-Phase, die Emotionen in der Bewerbung und das Jobinterview im Fokus. Insgesamt 6 Prozent der Befragten geben an, einen unterschriebenen Arbeitsvertrag vor Antritt der Stelle schon einmal gekündigt zu haben (-> Grafik 1). Hinzu kommen 4,2 Prozent, die einen Arbeitsvertrag unterschreiben und dann die Stelle einfach nicht antreten, ohne formal zu kündigen. „Ein besseres Jobangebot“ ist mit 41,3 Prozent der wichtigste Grund dafür, warum Jobs trotz Vertrags-Unterschrift nicht angetreten werden.

Auch nach Arbeitsantritt sind die Kandidaten noch nicht fest für ein Unternehmen gewonnen. So kündigten 21 Prozent schon einmal während der ersten 100 Tage ihren Job. In 2018 waren es lediglich 11,6 Prozent. Die ersten Monate in der neuen Stelle werden somit zunehmend zur „Probezeit für Arbeitgeber“. Zu den genannten 21 Prozent kommen derzeit weitere 15,7 Prozent hinzu, die bereits „kurz davor“ standen, ihren Job innerhalb der ersten drei Monate zu kündigen. Bei Menschen mit einfachem Schulabschluss (Haupt- oder Realschule) ist der Anteil derjenigen, die schon einmal während der ersten 100 Tage den Job gekündigt haben, mit 30,8 Prozent wesentlich höher als bei Akademikern (16,8 Prozent).

Die Kündigung in der Einarbeitungs-Phase wird von einer Mehrheit der Bewerber durch drei Faktoren begründet. Hierzu gehören ein zu großer Unterschied zwischen den in der Bewerbungs-Phase gemachten Versprechungen und der Jobrealität (70,5 Prozent), unfähige oder unsympathische Führungskräfte (66,6 Prozent) und ein fehlender Plan bei der Einarbeitung (56,7 Prozent).

Der Kandidaten-orientierte Arbeitsmarkt steht in Wechselwirkung mit dem Fachkräftemangel. Der Wille, bei demselben Arbeitgeber zu bleiben, ist bei den Beschäftigten im Fünf-Jahres-Vergleich auf einen neuen Tiefpunkt gesunken. Das geht aus dem ‚Employee Experience und Talent Trends Report 2023‘ hervor. Für diesen befragte die Unternehmens-Beratung Mercer hierzulande mehr als 140.000 Arbeitnehmer aus über 80 Unternehmen. Die Daten für das Jahr 2023 basieren auf dem Durchschnitt der Jahre 2018 bis 2022.

„Unsere aktuellen Zahlen zeigen, dass mehr als jeder dritte Mitarbeitende in Betracht zieht, zu wechseln, selbst wenn Gehalt und Leistungen bei einem neuen Arbeitgeber dieselben wären. Interessanterweise liegt es jedoch nicht an der Motivation für die Arbeit: So stimmen 84 Prozent der Beschäftigten zu, dass sie motiviert sind, über das hinauszugehen, was normalerweise erwartet wird, um ihr Unternehmen erfolgreich zu machen. Die Frage stellt sich nun, warum Mitarbeitende zwar motiviert sind, sich gleichzeitig aber weniger mit dem Arbeitgeber verbunden fühlen“, erklärt Dr. Eléna Pelzer, Senior Consultant Employee Experience bei der Mercer Deutschland GmbH mit Sitz in Frankfurt.

Die eigene Karriere voranzutreiben und spannende Aufgaben im Arbeitsalltag zu lösen, kann einen positiven Einfluss auf die Mitarbeiter-Bindung haben. Doch die Untersuchung zeigt: „Weniger als die Hälfte der Mitarbeitenden in Deutschland geben an, dass sie Möglichkeiten zur Karriere-Entwicklung im eigenen Unternehmen haben. Weltweit sind die Mitarbeiter da optimistischer (60 Prozent)“, ergänzt Pelzer.

Des Weiteren beeinflussen die Arbeitsverdichtung, Digitalisierung und wachsende Veränderungs-Geschwindigkeit das Wohlbefinden der Beschäftigten. Während weltweit 73 Prozent der Arbeitnehmer konstatieren, dass sie über eine gute Work-Life-Balance verfügen, stimmen dem nur 62 Prozent der Mitarbeiter in Deutschland zu. Einen weiteren Faktor für die sinkende Mitarbeiter-Bindung hierzulande sieht Mercer in der Prozesslastigkeit. Nur etwa die Hälfte der konsultierten Arbeitnehmer in Deutschland berichtet, dass ihre Arbeitsprozesse im Unternehmen gut organisiert sind. Im weltweiten Vergleich stimmen der Aussage immerhin 62 Prozent zu. Die Einschätzungen zu den verfügbaren Tools und Ressourcen liegen hier ebenfalls unter dem globalen Durchschnitt.

Eine Studie des europäischen HR-Dienstleisters SD Worx kommt zu dem Ergebnis, dass rund 50 Prozent der Unternehmen personell unterbesetzt sind. Demnach haben vier von zehn europäischen Arbeitgebern Schwierigkeiten, neue Mitarbeiter zu rekrutieren, und erwarten diesbezüglich auch keine zeitnahe Besserung. Mehr noch: Ein Drittel der deutschen Unternehmen kämpft mit einer hohen Personal-Fluktuation und hat Probleme, Mitarbeiter zu halten. Im Rahmen der Erhebung wurden insgesamt 4.833 Arbeitgeber und 16.011 Arbeitnehmer aus 16 europäischen Ländern befragt.

Ein möglicher Lösungsansatz ist, die persönliche Entwicklung der Arbeitnehmer durch Weiterbildung zu fördern. Trotz der unumstrittenen Bedeutung von Bildung berichten 23 Prozent der von SD Worx konsultierten Unternehmen, Schwierigkeiten bei der Aus- und Weiterbildung zu haben. Mehr als die Hälfte der Beschäftigten nahm im letzten Jahr an keiner Weiterbildung teil.

Dr. Eléna Pelzer, Senior Consultant Employee Experience bei Mercer Deutschland

Dr. Eléna Pelzer, Senior Consultant Employee Experience bei Mercer Deutschland: „Weniger als die Hälfte der Mitarbeitenden in Deutschland geben an, dass sie Möglichkeiten zur Karriere-Entwicklung im eigenen Unternehmen haben. Weltweit sind die Mitarbeiter da optimistischer (60 Prozent).“ (Foto: Mercer)

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