Arbeitsunfähigkeit

Anfechtbarer Status

Ausgabe-Nr.: 1/
2024

Beschäftigte haben im Krankheitsfall generell Anspruch auf eine Lohnfortzahlung durch den Arbeitgeber. Der notwendige Nachweis der Arbeitsunfähigkeit wird durch ein ärztliches Attest erbracht. Wie Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts in Erfurt jedoch zeigen, kann der Beweiswert dieser Bescheinigung bisweilen vom Arbeitgeber in Zweifel gezogen werden.

„Wenn der Arbeitgeber meint, die Erkrankung sei nur vorgetäuscht, muss er ganz konkrete Anhaltspunkte darlegen, die diesen Beweiswert erschüttern. Eine Erschütterung kann etwa dann gegeben sein, wenn der als Fliesenleger beschäftigte Arbeitnehmer während der Krankheit bei der Renovierung des Hauses eines Freundes tatkräftig hilft und dort mit anpackt“, erklärt Prof. Dr. Michael Fuhlrott, Fachanwalt für Arbeitsrecht bei FHM Rechtsanwälte in Hamburg und Mitglied beim VdAA Verband deutscher Arbeitsrechtsanwälte e. V. in Stuttgart.

Nach dem ‚Entgeltfortzahlungs-Gesetz‘ müssen Arbeitgeber bei einer Erkrankung oder einem Unfall bis zu sechs Wochen lang das Gehalt an den arbeitsunfähigen Arbeitnehmer weiterzahlen. Danach tritt die Krankenkasse ein. Als Nachweis für den Krankheitsfall hat der Beschäftigte ein ärztliches Attest vorzulegen. Der Bescheinigung des Arztes kommt ein hoher Beweiswert zu. In bestimmten Fällen kann dieser jedoch gerichtlich in Frage gestellt werden. Hierfür muss der Arbeitgeber Tatbestände darlegen, die nach einer Gesamt-Betrachtung Anlass zu ernsthaften Zweifeln an der Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers geben.

Bereits vor über zwei Jahren hatte das Bundesarbeitsgericht in Erfurt beispielsweise entschieden, dass sich „Zweifel am Vorliegen einer Erkrankung daraus ergeben, dass eine am Tag der Eigenkündigung des Arbeitnehmers ausgestellte Arbeitsunfähigkeits-Bescheinigung passgenau die nach der Kündigung noch verbleibende Dauer des Arbeitsverhältnisses abdeckt“. „Wer also zusammen mit seiner Kündigung ein Attest einreicht, riskiert damit die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall. Er muss gegenüber seinem Arbeitgeber und notfalls auch vor dem Arbeitsgericht in einem solchen Fall genau darlegen können, dass er ‚wirklich‘ krank war“, kommentiert Fuhlrott die Sachlage. Gegebenenfalls muss in solchen Konstellationen der behandelnde Arzt als Zeuge aussagen.

In einem weiteren, aktuell verhandelten Rechtsstreit blieb ein mit der Kündigung zeitgleich eingereichtes Attest zwar unanfechtbar, da der Arbeitnehmer von der Auflösung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitgeber zum Zeitpunkt der Krankschreibung noch keine Kenntnis hatte. Der Beweiswert weiterer Arbeitsunfähigkeits-Bescheinigungen für den in Rede stehenden Zeitraum der Kündigungsfrist wurde vom Gericht jedoch als zweifelhaft erachtet. Denn diese Atteste waren erst nach Übermittlung der Kündigung ausgestellt worden. Der Arbeitnehmer hatte zudem unmittelbar im Anschluss an das gekündigte Arbeitsverhältnis eine neue Beschäftigung aufgenommen. Die Umstände konnten somit eine Entgeltfortzahlung infolge der Krankschreibung nicht legitimieren.

Eine Erschütterung des Beweiswerts kann auch dann angenommen werden, wenn der behandelnde Arzt bei der Ausfertigung des Attests gegen die sogenannte Arbeitsunfähigkeits-Richtlinie verstößt. Diese regelt etwa, wann ein ärztliches Attest ausgestellt werden darf und was der Arzt dabei zu beachten hat.

Bundesarbeitsgericht in Erfurt

Bundesarbeitsgericht in Erfurt: Die Beweiskraft einer Krankschreibung kann gerichtlich angefochten werden. (Foto: Bundesarbeitsgericht)

Im Übrigen bedeutet ‚arbeitsunfähig‘ in diesem Kontext nicht, dass der Arbeitnehmer zuhause das Bett hüten muss. „Was ich während der Krankheit machen darf, hängt letztlich von der Entscheidung des Arztes ab. Ich darf mich nicht genesungswidrig verhalten. Je nach Krankheitsbild kann also ein Spaziergang oder selbst ein Friseurbesuch zulässig sein“, ergänzt der Arbeitsrechtler.

Prof. Dr. Michael Fuhlrott, Fachanwalt für Arbeitsrecht

Prof. Dr. Michael Fuhlrott, Fachanwalt für Arbeitsrecht: „Wer zusammen mit seiner Kündigung ein Attest einreicht, riskiert damit die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall.“ (Foto: FHM Rechtsanwälte)

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