Führungskräfte/Restrukturierung

Alles steht auf dem Prüfstand

Ausgabe-Nr.: 8/
2020

Lediglich 13 Prozent der Arbeitnehmer in Deutschland wollen in den kommenden Jahren eine Führungsposition in ihrem Unternehmen übernehmen. Eine repräsentative Umfrage der Personalberatung Cornerstone fördert dieses bedenkliche Resultat zutage. Die Corona-Pandemie, die stark fortschreitende Digitalisierung und immer schnellere Veränderungen der Markt-Situation vergrößern die Komplexität der Aufgaben für Mitarbeiter mit Personalverantwortung. Gleichzeitig bringen jene Entwicklungen die Notwendigkeit mit sich, Führungs-Rollen neu zu strukturieren. Folglich gleicht die Suche nach einer modernen Führungskraft dem Auffinden einer Nadel im Heuhaufen.

„Führungsaufgaben, daran gibt es keinen Zweifel, sind komplexer geworden. Was Unternehmen und Organisationen jetzt brauchen, sind Leader, die in der Lage sind, mit diesen Veränderungen kreativ umzugehen, sie aber auch frühzeitig zu erahnen und vorauszusehen. Die Gabe des Antizipierens, eine Art ‚Predictive Leadership‘ ist notwendig. Führungskräfte benötigen ein spezielles Leadership-Bewusstsein, um das Schiff auch in turbulenten Zeiten in unruhiger See und bei wechselnden Winden auf Kurs zu halten“, sagt Ronald Hanisch, Leadership-Experte und Präsident des Managerverbandes in Österreich.

Seiner Ansicht nach galten bisher Planung, Analyse und Überwachung als zentrale Aufgaben einer Führungskraft. Diese Kompetenzen werden allerdings „immer entbehrlicher“. Die Begründung: „Die unberechenbaren Umfelder, in denen Unternehmen agieren, lassen sich kaum noch materiell kontrollieren.“ Nach Darstellung von Hanisch nimmt sich der Leader von morgen die Zeit, seine Ziele zu prüfen. Er traut seinem Team eine Problemlösung sowie Zielerreichung zu und entwickelt die eigenen Fähigkeiten permanent weiter.

Andreas Rothkamp, Vice President für die DACH-Region beim Corporate-Learning-Spezialisten Skillsoft, denkt in dieselbe Richtung: „Es gilt, die Führungskräfte-Entwicklung zu demokratisieren und bei einem erweiterten Mitarbeiterkreis Kompetenzen aufzubauen. Heutige digitale Angebote ermöglichen es, die Schulungsinhalte in kurzen, praxisnahen Einheiten genau auf die entsprechende Zielgruppe und deren Bedürfnisse auszurichten.“

Er empfiehlt Unternehmen, ihren Führungskräften eine kontinuierliche Kompetenz-Entwicklung durch Lernangebote zu gewährleisten und sich den ‚Wunsch-Kandidaten‘ somit selber zu schnitzen. Das schließt Aspekte wie Agilität, Resilienz und emotionale Intelligenz mit ein. Digitale Inhalte sollten zudem multimodal integrierbar sein und praxisnahen, Szenario-basierten Input vermitteln.

Andreas Rothkamp, Vice President bei Skillsoft

Andreas Rothkamp, Vice President bei Skillsoft: „Es gilt, die Führungskräfte-Entwicklung zu demokratisieren und bei einem erweiterten Mitarbeiterkreis Kompetenzen aufzubauen.“ (Foto: Skillsoft)

Das steigende Anforderungs-Profil ruft bei deutschen Beschäftigten offenbar Hemmungen hervor, eine Position in der Führungsriege anzustreben. Nach einer repräsentativen Befragung der Personalberatung Cornerstone von rund 4.000 Personen beabsichtigen lediglich 13 Prozent der Arbeitnehmer, künftig eine leitende Funktion in ihrem Unternehmen einzunehmen. Gleichzeitig geben 63 Prozent der Verantwortlichen im Bereich ‚Management‘ an, dass sie sich nicht vorstellen können, in den nächsten fünf bis zehn Jahren weiter in diesem Berufsfeld zu arbeiten. Als Hauptgründe hierfür nennen sie die Überbelastung und die als zu hoch empfundene Verantwortung für eine große Menge an Personal.

Demzufolge stellt sich die aktuelle Suche nach geeignetem Führungspersonal als große Herausforderung heraus. „Aus dem bereits seit Jahren andauernden Fachkräftemangel resultiert nun ebenfalls eine Verknappung der Kandidaten, die mit der nötigen Qualifikation ausgestattet sind und bereitwillig die Verantwortung suchen. Deshalb sollten sich vor allem die Unternehmen des Mittelstandes auf ein kompetenzorientiertes sowie langfristig angelegtes Auswahlverfahren fokussieren“, beurteilt Ronald May, Partner und Practice Leader ‚Global Automotive‘ bei FMT Cornerstone, die gegenwärtige Situation.

Ronald May, Partner und Practice Leader ‚Global Automotive‘ bei FMT Cornerstone

Ronald May, Partner und Practice Leader ‚Global Automotive‘ bei FMT Cornerstone: „Aus dem bereits seit Jahren andauernden Fachkräftemangel resultiert nun ebenfalls eine Verknappung der Kandidaten, die mit der nötigen Qualifikation ausgestattet sind und bereitwillig die Verantwortung suchen.“ (Foto: FMT Cornerstone)

May zufolge existieren klassische Hierarchien in heutigen Arbeits-Modellen nur noch vereinzelt. Digitale Prozesse stellen einen festen Bestandteil in den Prozessabläufen dar und etablieren in der Folge gänzlich neue Formen der Zusammenarbeit, wie etwa das Home-Office.  „Einhergehend mit diesen Entwicklungen des Marktes verändern sich ebenso die Anforderungen an Führungskräfte. Neben der natürlich noch immer wichtigen fachlichen Erfahrung sowie Kompetenz erwarten Arbeitnehmer Soft Skills wie eine angemessene Kommunikation, einen vertrauensvollen Umgang und ein gewisses Maß an Eigenverantwortung gegenüber allen Mitarbeitern“, ergänzt der Markt-Beobachter.

Eine gut funktionierende Führungs-Mannschaft ist besonders in Zeiten des Umbruchs von entscheidender Bedeutung. In der ‚Zukunftsstudie 2021‘ der Unternehmens-Beratung ‚richtwert‘ bewerteten die Befragten das Board (15 Prozent), den CEO (23 Prozent) und das Führungs-Gremium (34 Prozent) als die wichtigsten Botschafter zur Vermittlung der Einzigartigkeit einer Firma. Dieses Kriterium fördert wiederum das Zutrauen der Mitarbeiter.

Für die Untersuchung wurden Anfang dieses Jahres 303 Personen nach Disruptionen in ihrer Branche befragt und wie sie sich auf den gegenwärtigen Wandel einstellen. Darunter befanden sich zu 70 Prozent Top-Führungskräfte, wie Inhaber, Vorstände, Geschäftsführer, Abteilungsleiter und strategische Entscheider. Etwa zwei Drittel geben an, dass sich ihr Business-Modell momentan in der Restrukturierung befindet. Zudem bemerkenswert: Kritisch in die Zukunft blickende Unternehmens-Vertreter betrachten das Management in seiner augenblicklichen Rolle sogar als „größtes Hemmnis für den Erfolg“.

Atreus-CEO Rainer Nagel

Atreus-CEO Rainer Nagel: „Corona hat die Unternehmens-Kultur einmal um 360 Grad gedreht. Führung muss umgedacht und neu ausgerichtet werden.“ (Foto: Atreus)

„Auch die Unternehmens- und Mitarbeiterführung muss künftig viel stärker als bisher den Anforderungen aus der Digital-Ära Rechnung tragen. Corona hat die Unternehmens-Kultur einmal um 360 Grad gedreht. Führung muss umgedacht und neu ausgerichtet werden“, konstatiert Rainer Nagel, CEO und Mitbegründer der Atreus GmbH. Die Management-Beratung aus München konsultierte in ihrer Markt-Studie ‚Leadership+ – Alles anders?‘ im Januar 2021 zirka 900 Führungskräfte. Für 52 Prozent ist der Umgang mit ‚Distance Leadership‘ die größte persönliche Herausforderung. Für 46 Prozent stellt die Veränderung der Führungskultur durch die Digitalisierung die höchste Hürde dar (-> Grafik 1).

Grafik 1: Was sehen Sie als Ihre größte persönliche Herausforderung in 2021?

Leadership-Experte Ronald Hanisch: „Führungsaufgaben, daran gibt es keinen Zweifel, sind komplexer geworden. Was Unternehmen und Organisationen jetzt brauchen, sind Leader, die in der Lage sind, mit diesen Veränderungen kreativ umzugehen, sie aber auch frühzeitig zu erahnen und vorauszusehen.“ (Foto: Ronald Hanisch)

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