Microsoft

„Asymmetrische Abhängigkeit“

Ausgabe-Nr.: 16/
2020

Der Software-Gigant forciert weiterhin Branchen-übergreifende Partnerschaften und Joint Ventures. Ein neues prominentes Beispiel stellt die Kooperation mit dem global agierenden Vermögensverwalter BlackRock dar, zu dessen Kunden Institutionen, Finanzfachleute und Privatanleger gehören. Einen zentralen Baustein in der Strategie, möglichst viel Know-how und Kapital in den eigenen Reihen zu ballen, nimmt die Azure-Cloud-Plattform ein. Diese dient augenscheinlich immer häufiger als Lockmittel, um Unternehmen in die digitale Welt zu begleiten. – Eine zunehmende Abhängigkeit wird dabei in Kauf genommen.

„Durch die Einführung von Aladdin in die Cloud unterstützen wir BlackRock dabei, das Kundenerlebnis weiter zu verbessern und gleichzeitig kontinuierliche Innovationen in der Finanzdienstleistungs-Branche voranzutreiben. Gemeinsam stärken wir Kunden aus dem Finanz-Sektor, die ihre wichtigsten Workloads in der Cloud ausführen wollen“, kommentiert Judson Althoff, Executive Vice President Worldwide Commercial Business bei der Microsoft Corporation in Redmond, den jüngsten Deal. Aufgrund der relativ geringen Bedeutung der monetären Abwicklung (BlackRock hält ungefähr fünf Prozent an Microsoft-Anteilen) findet die Liaison der beiden Firmen nur eine geringe Aufmerksamkeit. Aber im Hinblick auf die Optimierung der Algorithmen, der Künstlichen Intelligenz (KI), der Prozess-Abwicklung und anderer Leistungen kann er gar nicht hoch genug bewertet werden.

Zudem konnte Microsoft mit BlackRock einen besonders dicken Fisch an Land ziehen. Schließlich verwaltete der Finanzdienstleister per Ende 2019 ein Vermögen in Höhe von 7,4 Billionen US-Dollar. Zum einen wurde die Partnerschaft geschlossen, um das Risikoanalyse- und Portfoliomanagement-System Aladdin von BlackRock auf der Microsoft-Azure-Cloud-Plattform zu hosten. Zum anderen – und dieser Aspekt fällt deutlich stärker ins Gewicht – dient sie dem Austausch von Know-how. So beabsichtigen die beiden Unternehmen gemeinsam an neuen Technologien wie maschinelles Lernen und KI zu arbeiten, um die Nachhaltigkeit sowie die Qualität von Daten zu verbessern.

Mit anderen Worten: Microsoft ist dem Ziel, eine Markt-Dominanz zu erreichen und weiter auszubauen, wieder einen großen Schritt nähergekommen. Dafür wurden bereits unzählige „strategische Partnerschaften“ abgeschlossen, um sich umfassendes technologisches und anderweitiges Wissen anzueignen.

Ähnlich auch die Vorgehensweise von Amazon, die alles anbieten, aber mit ihrer Plattform. Google dringt über die Cloud in andere Bereiche vor. Und Microsoft streift auf der Suche nach neuen Verbündeten mit der immer gleichen Strategie durch alle Branchen, um in jedem Geschäftsfeld einen Fuß in die Tür zu stellen. Dazu ein Marktbeobachter: „Microsoft zielt im Kern auf Kooperationen ab, die langfristig eine Art asymmetrisches Abhängigkeits-Verhältnis implizieren.“ Dabei machen sich die Partner in den verschiedenen Branchen Stück für Stück immer mehr vom Software-Riesen abhängig.

Ende vergangenen Jahres schlossen die Amerikaner zum Beispiel eine Partnerschaft mit dem Münchener Versicherer Allianz SE. Diese folgt dem Muster der BlackRock-Vereinbarung. So verlagerte die Allianz ebenfalls zentrale Bestandteile ihrer globalen Versicherungs-Plattform ‚Allianz Business System (ABS)‘ in Microsofts Azure Cloud, mit der Intention, die digitalen Versicherungs-Prozesse zu optimieren.

Auch mit dem Volkswagen-Konzern besteht bereits seit 2018 eine Kooperation, in deren Rahmen die Volkswagen Automotive Cloud entwickelt werden soll. Anfang 2020 wurde die Zusammenarbeit durch einen Rahmenvertrag im Bereich ‚Nachhaltigkeits- und soziale Zukunftsinitiativen‘ noch weiter ausgebaut. Sabine Bendiek, Vorsitzende der Geschäftsführung der Microsoft Deutschland GmbH in München, erklärte seinerzeit: „Das neue Jahrzehnt verlangt gemeinsame Antworten auf große Herausforderungen. Darum bündeln wir unser Engagement mit Volkswagen und wollen den Einsatz digitaler Technologien und künstlicher Intelligenz zum Wohl von Umwelt, Gesellschaft und Wirtschaft fördern.“ Dass hier nicht nur das Wohl der Allgemeinheit, sondern auch des Unternehmens selbst im Mittelpunkt steht, steht dabei außer Frage.

Auch mit VW besteht eine Kooperation, in deren Rahmen die Volkswagen Automotive Cloud entwickelt werden soll.

Im Vorfeld der Hannover Messe 2019 äußerte sich die Geschäftsführerin ähnlich und brachte die Unternehmens-Strategie noch deutlicher auf den Punkt: „Die Zeit der Alleingänge ist vorbei. Wir fördern Innovationen über Partnerschaften, nicht über den Wettbewerb. Wir machen Industrieunternehmen zukunftssicher: Wir unterstützen sie beim Aufbau digitaler Kompetenzen, damit sie selbst zu Anbietern von digitalen Lösungen werden können.“ Kritische Experten interpretieren diese Aussage als einen Versuch, den Wettbewerb über Partnerschaften auszuhebeln.

Außerdem gründete Microsoft zusammen mit der BMW Group im letzten Jahr die ‚Open Manufacturing Platform (OMP)‘, die schnellere und kostengünstigere Innovationen in der Fertigungsindustrie ermöglichen soll. Die OMP basiert ‚überraschenderweise‘ auf der Azure-Industrial-IoT-Cloud-Plattform des Herstellers, der sich damit auch seines Einflusses gewiss sein kann. Die Lösung verfolgt das Ziel, Smart-Factory-Anwendungen voranzutreiben, die von der OMP-Community in der Automobil- und Fertigungsindustrie gemeinsam genutzt werden können.

Darüber hinaus kooperiert der Konzern auch mit globalen Branchengrößen und Cloud-Anbietern wie SAP (-> INFO-MARKT Nr. 39/2019) oder Oracle (-> INFO-MARKT Nr. 21/2019). Hierbei spielen vor allem die Migration und die Verbindung der jeweiligen Cloud-Services eine übergeordnete Rolle. Des Weiteren tummeln sich die Amerikaner auch in exotischen Branchen wie dem Öl- und Gas-Geschäft (Zusammenarbeit mit Halliburton) oder im Zerspanungs-Segment (Zusammenarbeit mit Sandvik Coromant).

Sie stellen ihre Cloud quasi jedem zur Verfügung, der bei drei nicht auf dem Baum ist. Das Joint Venture mit dem schwedischen Anbieter Sandvik Coromant wurde erst kürzlich beschlossen und unterstreicht erneut das Ausmaß des Willens des Managements in der US-Zentrale in Redmond, die omnipotente Marktstellung auszubauen.

 

Judson Althoff, Executive Vice President Worldwide Commercial Business bei Microsoft: Im Hinblick auf die Optimierung der Algorithmen, der KI, der Prozess-Abwicklung und anderer Leistungen kann der Deal gar nicht hoch genug bewertet werden.

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