Marktbericht Messe/Corona-Virus

Flatscreen statt Händedruck

Ausgabe-Nr.: 15/
2020

Messe oder Firmen-Event vor Ort: Für das laufende Jahr dürften die Initiatoren dieser Veranstaltungen wegen der Corona-Krise nur schwerlich zum Zuge kommen. Betroffen sind nicht nur die Messe-Veranstalter mit ihren milliardenschweren Verlusten. Sondern vor allem auch Unternehmen/Aussteller, die ihre Produkte und Dienstleistungen nicht mehr wie gewohnt präsentieren können und somit ihren Vertrieb gewaltig unter Druck setzen. Einen Ausweg aus dieser Misere bieten virtuelle Formate. Experten prognostizieren diesem Konzept auch nach der Corona-Auszeit als neue Mischform eine Hochkonjunktur.

„Wir haben eine hohe Aufmerksamkeit erzielt. Fast die Hälfte der bereits für unseren Berliner Messestand registrierten Besucher hat auch online teilgenommen. Und wir haben sogar sehr qualifizierte neue Kontakte machen können. Rundum ein voller Erfolg“, sagt Heinrich Welter, Vice President EMEA Central bei der Genesys Telecommunications Laboratories GmbH in München. Das Unternehmen, mit mehr als zwei Milliarden US-Dollar Umsatz im Jahr und mit Stammsitz in Kalifornien, zählt zu den größten Software-Herstellern für Call-Center-Lösungen weltweit.

Es hatte bereits sehr frühzeitig Nägel mit Köpfen gemacht und seinen Auftritt auf der führenden Leitmesse der Branche, der Call Center World in Berlin, wegen der Corona-Pandemie abgesagt und stattdessen eine Online-Video-Messe aufgesetzt. Kunden, eigene Experten und Partner brachten Anfang März zwei Tage hintereinander, von morgens bis in den späten Nachmittag, News und Produkt-Neuheiten auf die Bildschirme der mehreren hundert Zuschauer. „Gerade diejenigen Kunden, die bereits nicht mehr reisen durften, haben das Format wertgeschätzt. Für uns die klare Botschaft, solche Messeformate unbedingt fortzuführen“, sagt Welter.

Durch Verschiebungen und Absagen ist der Messe-Standort Deutschland weiterhin erheblich betroffen. Das Institut der Deutschen Messewirtschaft im Ausstellungs- und Messe-­Ausschuss der Deutschen Wirtschaft e. V. (AUMA) hat die Corona-Effekte auf die Bundesrepublik berechnet. Demnach sind allein durch die bisherigen Absagen beziehungsweise Verschiebungen Einbußen für die Gesamtwirtschaft in Höhe von fast drei Milliarden Euro zu erwarten. Außerdem wirkt sich die Krise auf mehr als 24.000 Arbeitsplätze aus. Gleichzeitig gehen dem Fiskus über 470 Millionen Euro Steuer-Einnahmen verloren.

In dieser Rechnung sind noch nicht einmal die Verluste der Aussteller berücksichtigt, die auf Messen in der Regel sehr gute Umsätze generieren. Darüber hinaus auch nicht die negativen Auswirkungen durch die Absage ihrer eigenen Hausmessen. Ein in der IT-Branche nicht zu unterschätzender Faktor. Denn nach dem Sterben der CeBIT erfreuten sich gerade diese Formate einer immer stärkeren Beliebtheit. Hier besteht keine Sorge, dass der Mitbewerber nur einen Stand weiter die eigene Kundschaft auf Abwege lockt. Stattdessen konnten Interessenten, Partner und Kunden ausschließlich mit den eigenen Marketing-Aktionen bedient werden.

Da aber auch diese Formate erst einmal nicht mehr möglich sein werden, müssen Unternehmen umdenken und virtuell planen. „Die Messe-Budgets werden krisenbedingt schrumpfen und Reise-Beschränkungen ebenso noch länger aufrechterhalten. In der Konsequenz werden Online-Messen zu einem festen Bestandteil des Marketingmix avancieren“, sagt Carlo Velten, Technologie-Analyst und Mitgründer des Beratungsunternehmens Cloud­flight GmbH aus München.

Er sieht auch kein Ende dieser Entwicklung, wenn sich die gesundheitliche Gesamtlage in Deutschland wieder beruhigt hat. Und konstatiert, dass die Firmen jetzt bei diesen Formaten auf den Geschmack kommen, so dass mittelfristig fest mit dem Trend zu hybriden Events aus Online-Messe und Präsenzveranstaltung zu rechnen ist. Mit anderen Worten: Die deutlich kostspieligeren Vor-Ort-Termine werden durch Video-Formate ergänzt und stellenweise sogar abgelöst.

Die Vorteile der internetbasierten Treffen liegen auf der Hand: Die virtuellen Veranstaltungen können wesentlich billiger realisiert werden und die Kunden können sie ganz bequem vom Arbeitsplatz erreichen. Darüber hinaus lassen sich die typischen Streuverluste von Großmessen minimieren, weil die meisten virtuellen Messen ohne eine vorherige Anmeldung gar nicht ‚besucht‘ werden können. Die Veranstalter wissen also sehr genau, wer sich auf ihrem virtuellen Messestand einfindet. „Wir haben festgestellt, dass die Teilnehmer unseres Events sehr konzentriert bei der Sache waren, da die sonst übliche Messe-Hektik fehlte und sie nicht von anderen Dingen abgelenkt wurden. Zudem ist es vorteilhaft, dem Zuschauer parallel Informations-Material bequem zum Download anbieten zu können“, argumentiert Genesys-Manager Welter.

Auch technisch ist die Organisation einer Online-Messe kein Hexenwerk. Neben der gerade boomenden Videoplattform Zoom halten beispielsweise Netzwerk-Spezialisten wie Cisco Lösungen bereit, mit denen sich auch mehrere hundert Teilnehmer auf einmal mühelos hinzuschalten lassen. Darüber hinaus entstehen durch die Pandemie neue Software-Lösungen, beobachtet Experte Velten.

„Diese Software zielt darauf ab, parallel zur Konferenz auch Eins-zu-eins-Gespräche zu ermöglichen. Also eine Art virtueller Besprechungs-Raum neben der Hauptbühne.“ Im Ergebnis dienen solche Lösungen dem Zweck, die Möglichkeiten von Vor-Ort-Messen möglichst lebensnah virtuell nachzubilden. Ansonsten müssen Unternehmen lediglich auf eine stabile Internet-Anbindung achten, damit es nicht zu Unterbrechungen kommt. Denn die Konferenz-Software beansprucht im Netz in der Regel viel Bandbreite.

Fazit: Der persönliche Kontakt auf der Messe oder dem Firmen-Event bleiben wichtig. Aber virtuelle Formate, die weder Reisekosten noch Standgebühren oder Catering-Aufwand erfordern, werden die Event-Landschaft nachhaltig in Richtung digitaler Raum verändern.

 

Heinrich Welter, Vice President EMEA Central, Genesys Telecommunications Laboratories: „Wir haben eine hohe Aufmerksamkeit erzielt. Fast die Hälfte der bereits für unseren Berliner Messestand registrierten Besucher hat auch online teilgenommen.“

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